Viva Java von Pegasus Spiele

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Viva Java von Pegasus Spiele

Rezension von Franky Bayer

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Ein Hoch dem Kaffee!
Was täte ich nur ohne Dich? Du weckst – mit viel Obers und Zucker – frühmorgens meine Lebensgeister, bringst mich erst richtig in Schwung für den Tag! Du bereicherst – verziert mit aufgeschlagenem Milchschaum – das Kuchenbüffet bei unseren Familienfesten! Du hältst mich – schön stark und schwarz – wach, wenn ich spätabends noch arbeiten oder Auto fahren muss. Und du erfrischst mich mit Vanille-Eis und Schlagobers an heißen Sommertagen!

Ich finde es eine Schande, dass es so wenige Spiele über Dich gibt. In „Viva Java“ wird Dir endlich, endlich mal die gebührende Ehre zuteil. Wir Spieler beweisen darin unsere Künste, indem wir auserlesene Mischungen zusammenstellen und die mächtigen Fähigkeiten deiner Kaffeebohnen entdecken.

Auserlesene Mischungen? Fähigkeiten von Kaffeebohnen? Quatsch! Eigentlich würfeln wir Spieler bloß! Als wichtigstes Utensil für das Unternehmen „Beste Bohne“ stellen sich nämlich die Kaffeewürfel heraus, von denen wir normalerweise in unserem Spielzug fünf Stück werfen. Auf den sechs Seiten dieser Würfel sind Bohnen unterschiedlicher Farbe aufgedruckt, welche den „Röstgrad“ darstellen. Auch aufgrund der ebenfalls abgebildeten kleinen Punkte sind den Würfelseiten jedoch unschwer die Zahlen von 1 bis 6 zuzuordnen.

Was stellen wir nun mit einem Würfelwurf an? Nun, einerseits besteht die Möglichkeit einer Mischung (Aktion A: Mischen). Dabei benötigen wir entweder fünf verschiedene Farben. Dies ergibt eine „Bunte Mischung“, wofür wir uns dann auch den entsprechenden Untersetzer nehmen dürfen. Für die „Beste Bohne“ hingegen sind mindestens 2 Kaffeebohnen gleicher Farbe erforderlich. Während die „Bunte Mischung“ immer gelingt, wenn wir fünf verschiedene Farben in unserem Würfelwurf erzielen, müssen wir für die „Beste Bohne“ – der Name verrät es ja schon – besser sein als die bisherige. In erster Linie zählt dabei die „Stärke“, also die Anzahl gleicher Würfel, bei Gleichstand entscheidet der Röstgrad, das ist die Farbe bzw. Zahl der Würfel.

Alternativ können wir auch Forschung betreiben (Aktion B: Forschen). Dies bedeutet nichts anderes, als sich für eine gewürfelte Farbe zu entscheiden, und entsprechend viele Bohnen auf seinem eigenen Wertungsblock („Forschungslabor“) einzutragen, also mit einem Kreuz zu markieren. Mit dem 2. und 5. Kreuz schalten wir eine bestimmte Fähigkeit frei. Beispielsweise erlaubt uns die Fähigkeit der gelben Kaffeebohnen, beim Würfeln 1 bzw. 2 Bohnen auf einen höheren Röstgrad aufzuwerten.

Nachdem Kaffee ein Genussmittel ist, geht es schlussendlich nicht um Sieg-, Macht- oder Prestigepunkte, sondern konsequenterweise um Genusspunkte. Mit beiden Aktionsmöglichkeiten – Mischen und Forschen – können Genusspunkte erzielt werden. Beim Mischen dürfen wir auf unserem Wertungsblock sofort 1 Genusspunkt notieren, sobald wir eine Bunte Mischung oder eine Beste Bohne schaffen. Doch so richtig lukrativ wird’s erst, wenn wir den entsprechenden Untersetzer zu Beginn unseres nächsten Zuges noch immer vor uns liegen haben. In diesem Fall können wir – je nach Mischung und Spielerzahl – bis zu 3 Genusspunkte erhalten.

Auch beim Forschen winken Genusspunkte als Belohnung, und zwar für das jeweils achte „Kreuzerl“ in jeder Forschungsleiste. 3 bis 4 Genusspunkte sind auf diese Weise zu bekommen, allerdings verlieren wir bei einer derart vollendeten Forschungsleiste die damit verbundene Fähigkeit.

Das Spiel endet augenblicklich, sobald ein Spieler mindestens 21 Genusspunkte besitzt, welcher sich somit als „Meister der Bohne“ bewährt hat.

Ich finde es immer wieder recht lustig, welch abstrusen Themen manchmal eigentlich abstrakten Spielen übergestülpt werden. Hier ist es die aromatische Welt des Kaffees, die den Rahmen für ein Würfelspiel bietet. Die – meiner Meinung nach durchaus gelungene – grafische Gestaltung nimmt sich dabei der heilen Welt der 50er-Jahre an. Die Spieleschachtel schaut aus wie eine Kaffee-Blechdose, auf der eine blonde Hausfrau mit Zahnpasta-Lächeln die Vorzüge dieses Aufgussgetränks anpreist. Selbst die Seiten der Würfel zieren – wie bereits erwähnt – Kaffeebohnen in sechs verschiedenen Farben, und auch beim restlichen Spielmaterial überwiegt die Farbe braun in unterschiedlichen Abstufungen.

„Viva Java“ selbst ist ein Würfelspiel. Und doch sind die Abläufe etwas ungewöhnlich, oder besser gesagt: ungewohnt. Das fängt schon damit an, dass die Anzahl der Würfel variieren kann. Zwar würfelt man normalerweise mit 5 Kaffeewürfeln, diese Zahl kann aber durch aus der Vorrunde angesammelte Aromawürfel erhöht werden. Für den höchsten Wert – die „6“ bzw. schwarz – gibt es nämlich keine Forschungsleiste, stattdessen erhält man, wenn man dann beim Forschen diese Farbe wählt, entsprechend viele Aromawürfel aus dem Vorrat, die man in der nächsten Runde einsetzt.

Doch auch weniger als 5 Kaffeewürfel sind möglich. Wer zu Beginn seines Zuges den Untersetzer „Beste Bohne“ vor sich liegen hat, muss nach dem Werten zuerst einen Würfel vom Untersetzer entfernen („Wertverfall“) und sich daraufhin entscheiden, ob er die „Beste Bohne“ behält und damit seinen Spielzug – ohne würfeln! – sofort beendet, oder ob er den Untersetzer abgibt, woraufhin er anschließend nur mehr mit den verbliebenen Würfeln weitermachen kann.

Anders als in den meisten Würfelspielen hat man nicht automatisch die Möglichkeit, sein Würfelergebnis durch Nachwürfeln oder Sonstigem zu verbessern. Dies kann bloß durch freigeschaltete Fähigkeiten bestimmter Farben geschehen, so erlaubt beispielsweise die Fähigkeit der weißen Bohne, beliebig viele Würfel noch 1 x (bzw. 2x) neu zu würfeln.

Dies verschärft noch ein wenig das Dilemma zwischen den beiden Aktionsmöglichkeiten. Forschen kann man als Investition in die Zukunft betrachten, denn die freigeschalteten Fähigkeiten vergrößern in Folge die Chancen, besser und zielorientierter agieren zu können. Mischen hingegen zielt auf direkten Punktegewinn ab. Wer früh auf Mischen setzt, zieht zwar anfangs schnell davon, muss aber damit rechnen, von Spielern mit gut entwickelten und ausgebauten Forschungslabors eingeholt zu werden. Beide Wege können zum Erfolg führen, was auf eine gute Balance schließen lässt. Natürlich hat – wie bei allen Würfelspielen – Fortuna gehörig ihre Hände im Spiel, aber grundsätzlich funktioniert dies recht gut.

Abwechslung erfährt „Viva Java“ durch mehrere Forschungsuntersetzer, welche den Farben unterschiedliche Fähigkeiten zuweisen. Im Grundspiel werden die beiden Untersetzer „sanft“ (für Anfänger) und „würzig“ (für Fortgeschrittene) verwendet, wobei Letzterer für mehr Interaktion und komplexere Implikationen sorgt.

Noch mehr Varianz bietet die Erweiterung „Al Gusto“, die in einem verschlossenen Umschlag beigefügt ist. Ich will nicht zu viel verraten, aber darin finden wir unter anderem einen zusätzlichen Forschungsuntersetzer, auf den – zufällig oder nach Belieben – einzelne Scheiben mit individuellen Fähigkeiten platziert werden können. Außerdem beinhaltet die Erweiterung ein Solo-Szenario, in dem man alleine gegen einen von zwei globalen Kaffeekonzernen antritt. Das alles lädt zum Ausprobieren und Experimentieren ein.

Der eigenwillige Mechanismus – das Werten kommt vor dem Würfeln – hat seinen Preis. Die Regeln sind nicht intuitiv zu erfassen oder auf Anhieb zu kapieren. Es braucht seine Zeit, bis ein Neuling versteht, warum was gemacht wird. Probleme tauchen vor allem beim Timing des Spielablaufs und beim richtigen Einsatz der Fähigkeiten auf. Leider schafft es die Spielregel nicht, dies unmissverständlich zu vermitteln, weshalb man meist eine oder zwei Partien benötigt, bis der Knopf aufgeht.

Trotz des ambitionierten Projekts eines variantenreichen Würfelspiels ordne ich „Viva Java“ in Summe aber nur in die Kategorie „guter Durchschnitt“ ein. Ich muss aber zugeben, dass ich meist nur das Grundspiel (mit Anfängern) spielen konnte, und nur selten die beigefügte „Al Gusto“-Erweiterung. Kann daher leicht sein, dass ich den Spielreiz mit der Zeit nach oben schraube, wenn ich mit öfters mit bereits „initiierten“ Spielern an die abwechslungsreichen Varianten wage…

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde
Zielgruppe: Gelegenheitsspieler ++

Info-Box:
Titel: Viva Java
Art des Spiels: taktisches Würfelspiel
Spieleautor: T. C. Petty III
Verlag: Pegasus Spiele
Jahrgang: 2015
Spielerzahl: 1 bis 4 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: 20 bis 40 Minuten

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